Die Internationale Trinkwassersituation

Wasser - Eine Ressource im Überfluß? Vieles spricht dafür: So sind doch ca. 70% der Erdoberfläche mit Wasser bedeckt, der Wasservorrat der Erde beträgt ca. 1,4 Mrd. km3. Auch lassen die vielfältigen Funktionen des Wassers solches vermuten: Wasser dient als Lebensraum, ist Lebensgrundlage, dient dem Transport, wird als Deponie genutzt, hat klimaregulierende Eigenschaften und vieles mehr. Die in der Siedlungswasserwirtschaft nutzbare Menge an Wasser - das Süßwasser - beträgt jedoch nur ca. 2,5% der Gesamtwassermenge.

Wassermengen der Erde

 
%
Menge (km3)
Weltmeere
97,39
1.348.000.000
Polareis, Meereis, Gletscher
2,01
27.820.000
Grundwasser, Bodenfeuchte
 0,58
8.062.000
Seen und Flüsse
0,02
225.000
Atmosphäre
 0,001
13.000
Quelle: Baumgartner, A., Reichel, E.: Die Weltwasserbilanz. R. Oldenburg Verlag: München 1975
Von diesem Süßwasser wiederum ist nur ein geringer Teil für den Menschen überhaupt nutzbar:

Süßwasseraufteilung in Prozent

 
%
Polareis, Meereis, Gletscher
 77,23 
Grundwasser bis 800 m Tiefe 
9,86 
Grundwasser von 800 bis 4000 m Tiefe
12,35 
Bodenfeuchte
0,17
Seen (süß)
0,35
Flüsse
0,003
Hydrierte Erdmineralien
0,001
Pflanzen, Tiere, Menschen
0,003
Atmosphäre
0,04
Quelle: Baumgartner, A., Reichel, E.: Die Weltwasserbilanz. R. Oldenburg Verlag: München 1975
Möchte man Aussagen  darüber machen, ob das zur Verfügung stehende Süßwasser den menschlichen Bedarf - vor allem langfristig decken kan, muß man sich an einer weiteren Größe orientieren: Die sich jährlich erneuernde Süßwassermenge. Diese ergibt sich aus dem Wasserkreislauf und ist zunächst die Differenz  zwischen jährlichem Niederschlag und jährlicher Verdunstung.
ca. 113.000 km3 Niederschlag
ca. - 72.000 km3 Verdunstung


ca. 41.000 km3 Rest

Von diesem Rest kann jedoch nur ein geringer Teil genutzt werden, da der Niederschlag zum Teil direkt über den Ozeanen oder über für den Menschen nicht nutzbaren Gebieten niedergeht. Dieser Rest wird geschätzt auf insgesammt nur

9.000 - 14.000 km3.

Diese Menge ist prinzipiell ausreichend, den Pro-Kopf-Verbrauch der Weltbevölkerung zu decken.
Allerdings sind die Mengen an Niederschlag bzw. das Verhältnis von Verdunstung und Niederschlag, von Gebiet zu Gebiet unterschiedlich. So gibt es Gebiete mit humidem (feuchtem) Klima, in denen der Niederschlag die Verdunstung übersteigt, und Gebiete mit aridem (trockenem) Klima, in denen der Verdunstungswert über dem Niederschlagswert liegt. Übersteigt der Niederschlagswert den zweifachen Verdunstungswert, spricht man von extrem humidem Klima; entsprechend spricht man von extrem aridem Klima, wenn der Verdunstungswert den zweifachen Niederschlagswert übersteigt. Hieraus läßt sich erkennen, daß die sich erneuernde Süßwassermenge global unterschiedlich verteilt ist.
Um nun den Wasservorat einer Nation messen zu können, kommt zu diesem sogenannten endogenen Wasservorrat, der sich durch Niederschläge innerhalb der eigenen Grenzen bildet, noch der exogene Wasservorrat hinzu. Es sind dies die grenzüberschreitenden Flüsse, die Süßwasser aus über Nachbarländern gefallenen Niederschlägen führen.
Dementsprechend können einzelne Gebiete unterschiedlich stark von Trinkwasserknappheit betroffen sein. Die kritischen Grenzen werden nicht weltweit, sondern national, regional oder gar nur lokal erreicht. Allerdings genügt es nicht, alleine anhand der verfügbaren Süßwassermenge Rückschlüsse auf die Versorgungslage der Bevölkerung zu ziehen, vielmehr muß die verfügbare Menge in Relation zur jeweiligen Nachfrage gesehen werden.

Hierfür hilfreich ist der sogenannte Wasserknappheitsindex nach Malin Falkenmark. Sie geht hierbei von einem jährlichen Pro-Kopf-Minimum von 36,5 m3 für den häuslichen Verbrauch aus. Je nach Entwicklungsstand kommt der 5 bis 20fache Verbrauch pro Kopf für Landwirtschaft, Energieerzeugung und Industrie hinzu. Hieraus ergibt sich folgende Einteilung:
 

> 1.700 m3 / Kopf und Jahr:  u.U. gelegentliche oder lokale Wasserprobleme
1.000 bis 1.700 m3 / Kopf und Jahr: periodische oder regelmäßige Wasserknappheit
< 1.000 m3 / Kopf und Jahr: chronischer Wassermangel

Anhand dieses Wasserknappheitsindex lassen sich nun Länder mit Wassermangel bzw. Wasserknappheit feststellen:
 

1955
1990
Wassermangel
7 Länder
20 Länder
Wasserknappheit
8 Länder
8 Länder

Die Ursachen dieser zunehmenden Trinkwasserknappheit können auf der Angebotsseite und auf der Nachfrageseite liegen:
 
 

Angebotsseite Nachfrageseite
Veränderung der regionalen Verfügbarkeit Bevölkerungswachstum
Nutzung fossiler Grundwasser steigende Wassernachfrage pro Kopf
Verluste im Leitungsnetz
sinkende Qualität der verfügbaren Menge

Unterschiedlichste Veränderungen können dazu führen, daß sich das Verhältnis der verfügbaren Süßwassermenge zu deren Verbrauch extrem ändert. D.h., die Nachfrage (Mindestmenge pro Kopf) kann nicht mehr gedeckt werden.

Besonders betroffen hiervon sind Länder, deren Süßwasserbedarf schon heute über der sich jährlich erneuernden Süßwassermenge liegt (hier). Aber auch Länder mit stark anwachsender Bevölkerung und Länder, deren Süßwasserressourcen größtenteils aus exogenen Quellen gespeist werden (hier).